Wie eine neue Kultur des Fragens mehr Offenheit fördert

Bei den Planungen eines großen Mieterausbaus in Berlin habe ich neulich eine interessante Beobachtung gemacht: Unsere Projektmitarbeiter stellten nicht nur die üblichen Fragen nach Quadratmetern, Budget oder Brandschutz, sondern wollten genauer wissen, wie die neu geplanten Arbeitsbereiche künftigen Anforderungen der Nutzer gerecht werden können. „Was brauchen diese Nutzer, wenn sich ihre Branche in den nächsten fünf Jahren total verändert und es einen anderen Flächenbedarf gibt ?“, lautete etwa eine Frage. Sofort entstand eine andere Dynamik: Statt rein technischer Lösungen stand plötzlich das Zusammenspiel von Arbeitsabläufen, Wohlbefinden und flexibler Raumnutzung im Vordergrund.
Diesen Wandel verdanken wir zum Teil dem Einsatz KI-basierter Tools, die uns mühelos verschiedene Szenarien und Layouts vorschlagen. Doch erst das bewusste Hinterfragen dieser Vorschläge eröffnet neue Perspektiven. Ein Beispiel: Anstatt sich beim Prompten mit der Formulierung: „Optimiere diese Fläche“ zufrieden zu geben, kann man eine KI konkret um Varianten bitten, die nicht nur kostengünstig, sondern auch auf agile Projektteams zugeschnitten sind. Die daraus entstehenden Gespräche machen deutlich, dass sich durch die Kultur des “Hinterfragens” sämtliche Beteiligten stärker mit dem Gesamtbild auseinandersetzen.

KI als Katalysator für Offenheit
Dass KI-Systeme immense Datenmengen in Sekundenschnelle verarbeiten können, ist faszinierend. Ebenso wichtig ist jedoch die Art und Weise, wie diese Ergebnisse diskutiert werden. Wenn wir die KI etwa nach verschiedenen Arbeitsplatztypen fragen, liefert sie zwar Hinweise zu Raumdichte, Klimatisierung oder Schallschutz – aber diese Erkenntnisse haben nur dann nachhaltigen Wert, wenn wir uns aktiv mit ihren Voraussetzungen beschäftigen. Welche Daten liegen zugrunde? Welche Annahmen trifft das System über künftige Arbeitsmodelle? Dieses ständige Hinterfragen eröffnet für das Planungsteam neue Variablen, die im alten „So haben wir es schon immer gemacht“ – Ansatz oft unentdeckt blieben.
Auf diese Weise trägt eine neue Kultur des Fragens in unserer Gesellschaft dazu bei, starre Routinen aufzubrechen. Wer sich auf kritische Rückfragen einlässt, erfährt schnell, dass scheinbar feststehende Entwurfsprinzipien eher Gewohnheiten oder Annahmen der Vergangenheit sind. KI kann uns einerseits unterstützen, diese Routinen zu erkennen; andererseits brauchen wir eine gesunde Portion Skepsis, um die Vorschläge der KI selbst zu hinterfragen. Ich ermutige jeden in unseren aktuellen gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch so unruhigen Zeiten, stets zu hinterfragen, was scheinbar 1:1 vom Mainstream vorgegeben und so auch von der KI adaptiert wird.
Gefahr der verzerrten Daten
Denn auch die KI ist keineswegs automatisch objektiv. Wenn z.B. bei einem Projekt frühere Gebäudedaten oder historische Durchschnittswerte einseitig waren, reproduziert die KI diese Schieflage. Gerade in der Immobilienwelt, wo wir uns auf bestehende Bestandspläne und Marktdaten stützen, kann das zu Lösungen führen, die zwar „typisch“, aber nicht innovativ sind. Die wesentliche Frage lautet also: Wie können wir das System so anleiten, dass es nicht nur wiederholt, was schon da war, sondern uns auf echte Alternativen bringt?
Eine einfache Herangehensweise ist, die KI direkt mit kritischen Fragen zu konfrontieren: „Welche Aspekte hast du in deinen Vorschlägen möglicherweise unterschätzt?“ oder „Welche Daten fehlen, um diesen Entwurf zu verfeinern?“ Dieser investigative Ansatz setzt einen Reflexionsprozess in Gang – erst im System und dann auch im Planungsteam.

Mehr Weitblick durch Fragen
Eine Kultur des Fragens hebt das Potenzial von KI auf eine höhere Ebene. Statt bloß Informationen zu konsumieren, lernen wir, aktiv zu hinterfragen und damit mehr Weitblick in unsere Projekte zu bringen. Wer immer wieder nach dem „Was könnten wir noch besser machen?“ fragt, fördert Offenheit und vermeidet, alte Denkfehler unwissentlich fortzuführen. Gerade in der Immobilienbranche, wo Projekte langjährige Auswirkungen haben, macht sich diese neue Herangehensweise bezahlt: Sie schafft in dieser Form bessere Lösungen und trägt langfristig zu einem Wandel bei, in dem Innovation, Verantwortung und Offenheit gleichermaßen großgeschrieben werden. Herzliche Grüße von

Markus Menzinger
Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Office Group GmbH